Ausstellung
Baupläne des Hauses in Meguro. Der Architekt hat diese Zeichnung aufbewahrt. Auf den Bauplänen wurden die Verteilung der Tatami-Matten, die Möbel und Änderungen hinzugefügt. Eine Ausdruck des Versuchs, das Haus von Akasaka nach Meguro umzugestalten.
Ein Haus träumt von einem Haus in Zusammenarbeit mit wyes architects
Als ich vor langer Zeit als Praktikantin in einem japanischen Architekturbüro arbeitete, fragte mich ein Kollege, was denn das besondere an dem Haus meiner Großeltern sei, wo ich während des Praktikums wohnte. Ein japanischer Architekt hatte es Ende der 80er Jahre geplant. Ich fand keine passende Antwort und sagte beschämt bis trotzig - vielleicht dass es zwei Spülen und zwei Wasserhähne in der Küche gibt!?
Ja eine tolle Küche für japanische Verhältnisse mit Spülmaschine und Backofen, die übrigens noch nie benutzt wurden…. Und fast schon entschuldigend erklärte ich erst in einem weiteren Anlauf, dass das Haus ja dem früheren Großelternhaus, einem großen Flachbau mit großem Garten im japanischen Stil nachempfunden ist. Das alte Haus in Akasaka wurde genommen, zusammengestaucht und zu einem Würfel gestapelt, so ist im Prinzip das neue Haus in Meguro entstanden.
An meiner damaligen Reaktion meine ich zu erkennen, dass ich architektonisch im neuen Haus keine herausragende Qualität erkennen konnte, zumindest keine, die ich adäquat hätte benennen können. Es war ja kein moderner Bau mit großen Öffnungen, spektakulären Lufträumen, kühnen Konstruktionen oder Materialien wie Sichtbeton oder Stahl. Im Kanon der zeitgenössischen Architektur, wie wir ihn damals an der Universität lernten und bewunderten, fand ich für diesen kleinen unspektakulären Holzbau mit geneigten Dächern und im japanisch-westlichen Mix einfach keinen Platz.
Dem großen alten Haus mit dem große alten Garten in Akasaka aber trauerte ich persönlich sehr nach. Nicht dass es mehr Chancen auf einen Platz in der Architekturgeschichte gehabt hätte, es hatte zwar einige historische Elemente und war handwerklich fein gearbeitet, vor allem aber war es von herrschaftlicher Größe.
Es steht in meiner Erinnerung eben auch für die goldenen Zeiten meiner Familie in Japan, die damals bereits vergangen waren. Meine Großeltern waren alt und das Haus und der Garten in Akasaka für sie viel zu groß. Sie wollten ihren Lebensabend in einem kleineren Haus in einer ruhigeren Gegend verbringen. Um aber dem alten Ehepaar ihren Alltag zu erhalten, sollte im neuen Haus möglichst vieles so bleiben wie zuvor.
Vieles wurde nach Meguro mit umgezogen. Nicht nur Möbel und Leuchten, auch Schiebewände, Schiebefenster und Schiebeläden, Deckenpaneele, Holzsäulen, Bretter, Bäume, Sträucher, Trittsteine und Felsen.
Sie wurden vorsichtig entnommen, aufgemessen, angepasst, wieder eingebaut bzw. eingepflanzt. In ein neues Haus, aber bestückt mit vertrauten Raumfolgen, Raumbeziehungen, Raumproportionen und Öffnungen des alten Hauses.
Heute ist auch das kleine Haus in Meguro alt geworden, meine Großeltern gibt es nicht mehr. Doch all die Dinge, die aus dem alten Haus kamen sind noch da und schweigend warten sie darauf ihre Geschichten zu erzählen. Voller Dankbarkeit und Ehrfurcht blicke ich auf das Haus, das all das bewahrt hat.
Heute meine ich ein wenig besser zu verstehen, was Architektur auch sein könnte. Eine kleine Geschichte über die Liebe zu den Räumen und den Dingen, die uns umgeben und die wir weitergeben.
(Hahn Wensch Architekten)
Der 10-Tatami-Matten-Raum im japanischen Stil wurde durch einen 8-Tatami-Matten-Raum ersetzt. Die nach Süden ausgerichtete Veranda wurde weggelassen, die Atmosphäre der Veranda wurde statt dessen durch die Betonung der Traufe mit eine Kassettendecke im Inneren wiedergegeben. Die Nische und die Schiebetüren sind so angeordnet, dass die Lehmwände/Holzteile/Tatami-Matten und die Pendelleuchten an Akasaka erinnern.
Die Holzverglasung und der Schiebeladen zum Garten sind direkt aus Akasaka-Beschlägen gefertigt. Die Öffnungen wurden passend zu den Beschlägen angefertigt. Die Lehrlinge des Zimmermanns, der das Akasaka-Haus gebaut hat, haben das Meguro-Haus gebaut.
Auch die Holzstufe und der Schuhschrank im Eingangsbereich wurden aus Akasaka mitgebracht. Beim sorgfältigen nachmessen, stellen wir fest, dass die Türen des Schranks etwas von den Maßen des Meguro-Hauses abweichen. Es entsteht Zeit ein wenig über die Mühen und Fähigkeiten des Zimmermanns nachzudenken.
Wenn man die beiden Zeichnungen zueinander in Beziehung setzt, wird deutlich, dass der Südgarten, die zum Garten hin konzipierten Räume wie Esszimmer/Veranda/Tatami-Zimmer und sogar die Trittsteine, Bäume und der Goldfischtrog auf raffinierte Weise übertragen wurden.
Vielleicht ist es töricht zu denken, dass "ein Haus von einem anderen Haus träumt". Aber bei diesem Haus kann man das nicht unbedingt behaupten.
Zufällig ist ein Mitglied der Familie, Maiko Hahn, mit uns befreundet, und zufällig ist sie Architektin, und wir erfuhren, dass ein Architekt dieses Haus entworfen hat , und wir wohnen zufällig in der Nähe dieses Hauses. Wir beschlossen, mit ihr, die jetzt in Deutschland lebt, ein Projekt zu starten, das auf diesem Haus basiert.
"Das alte Paar beschloss, sein zu große Haus in Akasaka aufzugeben und sein letztes Haus in Meguro zu bauen. Das Haus in Meguro wurde so entworfen, dass es dem vertrauten Haus in Akasaka nachempfunden ist."
An dieser fast beiläufigen Episode sich entlang hangeln, sehen wir uns die Blaupausen mit Änderungen und Details an, wir sehen uns auch Fotos des Hauses in Akasaka an, die von einem Fotografen aufgenommen wurden, bevor es abgerissen wurde, eine Zeichnung eines Teehauses, das für Akasaka geplant war, aber nie gebaut wurde, und wir lesen die Schriften des Bauherrn, der über seine Geschäfte (die Antiquitäten) und die Freundschaften schrieb, und wir lauschen den Erinnerungen an dieses Haus und die Familie, die unsere Freundin, ihre Mutter, Bruder und Cousin uns erzählen. Wir berühren greifbare und nicht greifbare Aufzeichnungen/Erinnerungen, die manchmal ungenau, zweideutig und sogar bruchstückhaft sind, und ehe wir uns versehen, stellen wir fest, dass wir gemeinsam über Szenen nachdenken, die wir nie gesehen haben, über Gerüche, die wir nie gerochen haben, über glückliche Zeiten, die wir nie erlebt haben. Es ist nicht so, dass wir von ihr/ihnen inspiriert, uns hineinversetzt und uns ihnen anverwandt hätten. Wir haben das Gefühl, dass wir uns in einem Traum verirrt haben, in dem sich das Haus an die Zeit erinnert, als es selbst noch in Akasaka stand. Unser Projekt soll diese Gewissheit beleuchten, dass ein Haus von einem anderen Haus träumt.
(wyes architects)
Wir vertiefen uns in die Baupläne und stützen uns dabei auf das Hauses in Meguro und die Erinnerungen an Akasaka. Fortsetzung folgt.
Ein Haus träumt von einem Haus vol.1 - Tokyo
Ort: Tokyo, Japan
Architekt des Haus in Meguro: Yutaka Hirota
Fotografien: Kaneaki Monma und wyes architects
Zusammenarbeit mit wyes architects
Kontakt
Aberlestr. 18
81371 München
Fon 089 .3 07 07.800
Fax 089 .3 07 07.898
Ausstellung
Baupläne des Hauses in Meguro. Der Architekt hat diese Zeichnung aufbewahrt. Auf den Bauplänen wurden die Verteilung der Tatami-Matten, die Möbel und Änderungen hinzugefügt. Eine Ausdruck des Versuchs, das Haus von Akasaka nach Meguro umzugestalten.
Ein Haus träumt von einem Haus in Zusammenarbeit mit wyes architects
Als ich vor langer Zeit als Praktikantin in einem japanischen Architekturbüro arbeitete, fragte mich ein Kollege, was denn das besondere an dem Haus meiner Großeltern sei, wo ich während des Praktikums wohnte. Ein japanischer Architekt hatte es Ende der 80er Jahre geplant. Ich fand keine passende Antwort und sagte beschämt bis trotzig - vielleicht dass es zwei Spülen und zwei Wasserhähne in der Küche gibt!?
Ja eine tolle Küche für japanische Verhältnisse mit Spülmaschine und Backofen, die übrigens noch nie benutzt wurden…. Und fast schon entschuldigend erklärte ich erst in einem weiteren Anlauf, dass das Haus ja dem früheren Großelternhaus, einem großen Flachbau mit großem Garten im japanischen Stil nachempfunden ist. Das alte Haus in Akasaka wurde genommen, zusammengestaucht und zu einem Würfel gestapelt, so ist im Prinzip das neue Haus in Meguro entstanden.
An meiner damaligen Reaktion meine ich zu erkennen, dass ich architektonisch im neuen Haus keine herausragende Qualität erkennen konnte, zumindest keine, die ich adäquat hätte benennen können. Es war ja kein moderner Bau mit großen Öffnungen, spektakulären Lufträumen, kühnen Konstruktionen oder Materialien wie Sichtbeton oder Stahl. Im Kanon der zeitgenössischen Architektur, wie wir ihn damals an der Universität lernten und bewunderten, fand ich für diesen kleinen unspektakulären Holzbau mit geneigten Dächern und im japanisch-westlichen Mix einfach keinen Platz.
Dem großen alten Haus mit dem große alten Garten in Akasaka aber trauerte ich persönlich sehr nach. Nicht dass es mehr Chancen auf einen Platz in der Architekturgeschichte gehabt hätte, es hatte zwar einige historische Elemente und war handwerklich fein gearbeitet, vor allem aber war es von herrschaftlicher Größe.
Es steht in meiner Erinnerung eben auch für die goldenen Zeiten meiner Familie in Japan, die damals bereits vergangen waren. Meine Großeltern waren alt und das Haus und der Garten in Akasaka für sie viel zu groß. Sie wollten ihren Lebensabend in einem kleineren Haus in einer ruhigeren Gegend verbringen. Um aber dem alten Ehepaar ihren Alltag zu erhalten, sollte im neuen Haus möglichst vieles so bleiben wie zuvor.
Vieles wurde nach Meguro mit umgezogen. Nicht nur Möbel und Leuchten, auch Schiebewände, Schiebefenster und Schiebeläden, Deckenpaneele, Holzsäulen, Bretter, Bäume, Sträucher, Trittsteine und Felsen.
Sie wurden vorsichtig entnommen, aufgemessen, angepasst, wieder eingebaut bzw. eingepflanzt. In ein neues Haus, aber bestückt mit vertrauten Raumfolgen, Raumbeziehungen, Raumproportionen und Öffnungen des alten Hauses.
Heute ist auch das kleine Haus in Meguro alt geworden, meine Großeltern gibt es nicht mehr. Doch all die Dinge, die aus dem alten Haus kamen sind noch da und schweigend warten sie darauf ihre Geschichten zu erzählen. Voller Dankbarkeit und Ehrfurcht blicke ich auf das Haus, das all das bewahrt hat.
Heute meine ich ein wenig besser zu verstehen, was Architektur auch sein könnte. Eine kleine Geschichte über die Liebe zu den Räumen und den Dingen, die uns umgeben und die wir weitergeben.
(Hahn Wensch Architekten)
Der 10-Tatami-Matten-Raum im japanischen Stil wurde durch einen 8-Tatami-Matten-Raum ersetzt. Die nach Süden ausgerichtete Veranda wurde weggelassen, die Atmosphäre der Veranda wurde statt dessen durch die Betonung der Traufe mit eine Kassettendecke im Inneren wiedergegeben. Die Nische und die Schiebetüren sind so angeordnet, dass die Lehmwände/Holzteile/Tatami-Matten und die Pendelleuchten an Akasaka erinnern.
Die Holzverglasung und der Schiebeladen zum Garten sind direkt aus Akasaka-Beschlägen gefertigt. Die Öffnungen wurden passend zu den Beschlägen angefertigt. Die Lehrlinge des Zimmermanns, der das Akasaka-Haus gebaut hat, haben das Meguro-Haus gebaut.
Auch die Holzstufe und der Schuhschrank im Eingangsbereich wurden aus Akasaka mitgebracht. Beim sorgfältigen nachmessen, stellen wir fest, dass die Türen des Schranks etwas von den Maßen des Meguro-Hauses abweichen. Es entsteht Zeit ein wenig über die Mühen und Fähigkeiten des Zimmermanns nachzudenken.
Wenn man die beiden Zeichnungen zueinander in Beziehung setzt, wird deutlich, dass der Südgarten, die zum Garten hin konzipierten Räume wie Esszimmer/Veranda/Tatami-Zimmer und sogar die Trittsteine, Bäume und der Goldfischtrog auf raffinierte Weise übertragen wurden.
Vielleicht ist es töricht zu denken, dass "ein Haus von einem anderen Haus träumt". Aber bei diesem Haus kann man das nicht unbedingt behaupten.
Zufällig ist ein Mitglied der Familie, Maiko Hahn, mit uns befreundet, und zufällig ist sie Architektin, und wir erfuhren, dass ein Architekt dieses Haus entworfen hat , und wir wohnen zufällig in der Nähe dieses Hauses. Wir beschlossen, mit ihr, die jetzt in Deutschland lebt, ein Projekt zu starten, das auf diesem Haus basiert.
"Das alte Paar beschloss, sein zu große Haus in Akasaka aufzugeben und sein letztes Haus in Meguro zu bauen. Das Haus in Meguro wurde so entworfen, dass es dem vertrauten Haus in Akasaka nachempfunden ist."
An dieser fast beiläufigen Episode sich entlang hangeln, sehen wir uns die Blaupausen mit Änderungen und Details an, wir sehen uns auch Fotos des Hauses in Akasaka an, die von einem Fotografen aufgenommen wurden, bevor es abgerissen wurde, eine Zeichnung eines Teehauses, das für Akasaka geplant war, aber nie gebaut wurde, und wir lesen die Schriften des Bauherrn, der über seine Geschäfte (die Antiquitäten) und die Freundschaften schrieb, und wir lauschen den Erinnerungen an dieses Haus und die Familie, die unsere Freundin, ihre Mutter, Bruder und Cousin uns erzählen. Wir berühren greifbare und nicht greifbare Aufzeichnungen/Erinnerungen, die manchmal ungenau, zweideutig und sogar bruchstückhaft sind, und ehe wir uns versehen, stellen wir fest, dass wir gemeinsam über Szenen nachdenken, die wir nie gesehen haben, über Gerüche, die wir nie gerochen haben, über glückliche Zeiten, die wir nie erlebt haben. Es ist nicht so, dass wir von ihr/ihnen inspiriert, uns hineinversetzt und uns ihnen anverwandt hätten. Wir haben das Gefühl, dass wir uns in einem Traum verirrt haben, in dem sich das Haus an die Zeit erinnert, als es selbst noch in Akasaka stand. Unser Projekt soll diese Gewissheit beleuchten, dass ein Haus von einem anderen Haus träumt.
(wyes architects)
Wir vertiefen uns in die Baupläne und stützen uns dabei auf das Hauses in Meguro und die Erinnerungen an Akasaka. Fortsetzung folgt.
Ein Haus träumt von einem Haus vol.1 - Tokyo
Ort: Tokyo, Japan
Architekt des Haus in Meguro: Yutaka Hirota
Fotografien: Kaneaki Monma und wyes architects
Zusammenarbeit mit wyes architects
Kontakt
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81371 München
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